Freitag, 4. April 2008

Lidl ließ Mitarbeiter bespitzeln

Darf mein Chef mich am Arbeitsplatz überwachen?

Bespitzelungsskandal bei Lidl. Wie der Stern aufdeckte, sollen Mitarbeiter des Lebensmittel-Discounters im vergangenen Jahr von ihren Vorgesetzten ausspioniert worden sein Datenschützer sind entsetzt. Aber wo fängt unerlaubte Überwachung eigentlich an?

Auch kleine Büroangestellte, müssen damit rechnen, dass der Chef einiges mitbekommt: Das private Surfen in der Mittagspause, das Telefonat mit der Frau oder der ein oder andere Briefumschlag, den sie mitgehen lassen.

Er könnte Kameras installiert haben oder Programme haben, mit denen er jederzeit auf Ihren Bildschirm gucken oder die Telefonabrechnung kontrollieren kann. Aber darf er das auch?

Dr. Martin Römermann, Experte der Arbeitsrechtskanzlei Ulrich Weber & Partner in Berlin:

Darf eine Kamera installiert werden?

„Soweit ein Betriebsrat besteht, sind seine Mitbestimmungsrechte zu achten. Die systematische Überwachung der Arbeitsleistung per Video ist wegen des permanenten Überwachunsgdrucks grundsätzlich unzulässig, auch bei erkennbaren Kameras. In sicherheitsrelevanten Tätigkeitsbereichen (Kassenbereich) kann eine ständige Videokontrolle zulässig sein. Die Verwendung heimlicher Kameras gegenüber Arbeitnehmern ist nahezu ausgeschlossen. Der konkrete Verdacht einer nicht anders aufklärbaren Straftat kann deren vorübergehende Verwendung aber rechtfertigen.“

Freizeit ausspionieren durch Detektiv

„Die Privatsphäre und damit das sogenannte außerdienstliche Verhalten darf grundsätzlich nicht ausgespäht werden. Besteht aber für den Arbeitgeber bei einer vorgetäuschten Krankmeldung der konkrete Verdacht einer Arbeitsvertragsverletzung, ist der Verdacht nicht anders betriebsintern auszuräumen und ein Nachweis nicht anders möglich, kann der Einsatz des Detektivs zulässig sein. Schlimmstenfalls muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber dann sogar die Kosten dafür ersetzen.“

Darf die Telefonrechnung überprüft werden?

„Ja, insbesondere wenn ausschließlich die betriebliche Nutzung gestattet ist, hat der Chef ein betriebliches Interesse daran, die Einhaltung dieser Vorgabe zu überprüfen (Anzahl, Zeitpunkt, Dauer, Einheiten). Er darf aber keine konkrete Daten der Gesprächszielteilnehmer speichern und verwenden. Sein Interesse kann sich nur darauf beziehen, ob privat telefoniert wurde und wie lange, nicht mit wem.

Darf die private Nutzung verboten werden?

Ja, der Arbeitgeber darf die private Nutzung von Telefon, Computer und Fax verbieten. Diese Grundsatzfrage, ob er die private Nutzung gestattet, kann er sogar ohne Mitsprache des Betriebsrats entscheiden.“

Darf der Chef meine Telefongespräche abhören?

„Das Mit- oder Abhören von Telefonaten ist grundsätzlich unzulässig. Der Mitarbeiter darf sich in der Regel auf die Vertraulichkeit seines Wortes verlassen. Nur zur Verhinderung einer Straftat oder Aufklärung besonders schwerer Arbeitspflichtverletzungen kann dies ausnahmsweise möglich sein. Heimliche und damit unzulässige Mitschnitte sind nicht vor Gericht verwertbar. Das heimliche Aufzeichnen privater Gespräche ist sogar strafbar. Das Mithören von Gesprächen zu Ausbildungszwecken im Beisein der Arbeitnehmer ist dagegen zulässig.“

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